Der einzige Schritt, der zählt, ist Dein nächster.

07.Mai:In Spanien angekommen


Etappe, Wetter, Land und Leute

Die Etappe heute war durchaus herausfordernd. 18 KM, 25.000 Schritte, 600m rauf auf 1.500m und dann 1.500m runter. Das bei Regen, eisigen Wind und gemütlichen 5 Grad. Gut, dass die Anfangseuphorie noch da ist. Die Strecke führte von Orissone in Frankreich, weiter über die Pyrenäen und die spanische Grenze in die Region Navarra nach Roncesvalles. Dort angekommen erwartet einen ein imposantes Kloster, das mir heute als Herberge dient. Morgen um 06.00 wird der Pilger mit gregorianischen Gesängen geweckt. Heute Abend ist noch eine Messe, die sich lohnen soll. Mal sehen, vielleicht nehme ich die mit. Restaurants haben zu der Zeit eh geschlossen, da sie alle der hiesigen Bruderschaft gehören. Teilnehmen dürfen nur Katholiken, die nicht geschieden sind. Mag jetzt jeder davon halten, was er will. Alle werden hier jedoch herzlich willkommen geheißen.

Stimmung

Die Nacht war so lala mit 10 Leuten in einem Zimmer und den größten Schnarcher direkt unter mir. Konnte mich noch nicht mal revanchieren, da ich gefühlt kein Auge zugemacht habe. Heute morgen um 06.30 hektisches Geraschel als alle ihre Rucksäcke für den Tag packten, 7.00 Uhr Frühstück oder was der Franzose so unter Frühstück versteht. 07.30 ging es dann los. Genau mein Ding, dieser Frühstart in den Morgen (Vorsicht Ironie). Erstmal steil bergauf, neben mir ein Koreaner, der anstelle der hochgestylten Wanderstöcke einfach zwei Bambusstäbe benutzte. Warum auch nicht. Direkt hinter ihm ein Japaner, der gegen den Regen erstmal seinen roten Regenschirm aufklappte. Bei den Windverhältnissen eher supoptimal. Pragmatismus und Unsinn direkt nebeneinander. Herrlich! Der Anstieg war dann nicht mehr so herrlich. Je höher man kam, desto kälter wurde es. Der Nebel liess diesmal kein Aussicht auf die wunderschönen Landschaft zu. Der eiskalte Wind (natürlich von vorn) blies einen den Regen ins Gesicht und die nasskalte Feuchtigkeit kroch dann irgendwann unter die Kleidung. Und auf dem Gipfel, als die Kälte am größten war, stand ein Foodtruck mit hart gekochten Eiern, Bananen und heißem Kaffee. Ich glaub es nicht. Die Plörre hat geschmeckt, wie sie eben so schmeckt, wenn man da oben das Monopol hat, aber Hauptsache warm. Aber, wenn ich schon dachte, der Aufstieg wäre anstrengend, hat mich der sehr steile Abstieg von 1.500 Höhenmeter durch Schlamm und Geröll eines besseren belehrt. Hätte gern gewusst, wie der Koreaner mit seinen Bambusstäben zurecht gekommen ist. Meine Oberschenkel zittern, sonst ist jedoch alles top, keine Blasen, Knieschmerzen oder sonstiges (zumindest heute). Natürlich habe ich mich einmal langgemacht. Einfach auf einer nassen Wurzel weggerutscht. Bis auf kleine Blessuren alles gut gegangen. So schnell kann es gehen. Heute schlaf ich im Kloster. Ich hatte nicht reserviert, wusste auch nicht, dass man im Kloster reservieren kann und laut Booking.com gibt es im ganzen Dorf keine freien Betten mehr. Ich habe mich dennoch in die Schlange gestellt und wurde vom Mönch gefragt:“Reservation?“. Das musste ich leider verneinen. „Ok, so you get a free bed“. Wieder mal habe ich nicht bekommen, was ich wollte, nämlich ein reserviertes Bett, sondern was ich brauche, eben nur ein Bett. Das klappt mit dem:“Der Weg gibt dir das was du brauchst.“ Trotz der windigen Umstände war es wieder ein wunderschöner Tag. Ich bin fix und fertig und meine Sportuhr rät mir nach heute dringend 72 Stunden Erholung. Morgen geht es weiter mit 25 KM.

Erlebnis des Tages

Es war nicht nur ein Erlebnis sondern die Offenheit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der anderen Pilger, egal woher jeder einzelne kommt. Würden alle sich ein wenig von diesem Geist zu eigen machen, wäre die Welt ein Stück schöner.

Erkenntnis des Tages

In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, und der darf auch mal weh tun.

Fotos des Tages

  • Start von Orisson
  • Aufstieg
  • Foodtruck
  • WC vom Foodtruck (ein Schild und ein Eimer😂)
  • 765 KM bis zum Ziel
  • Rolandsbrunnen
  • Überquerung der Grenze nach Spanien
  • Schutzhütte mit Spruch
  • Anstieg durch einen mystischen Wald
  • Ankunft im Kloster
  • Mein heutiger Schlafplatz
  • Dreckige Wanderschuhe

Eine Antwort

  1. Avatar von Jürgen Reich
    Jürgen Reich

    Hört sich so an als wenn Dir so langsam bewusst wird, was da noch auf Dich zukommt – so rein körperlich. Aber das wirst Du schon packen. Und das Du noch mal ins Kloster gehst, hätte ich auch nie gedacht. Wecken morgen früh wird wohl auch nicht durch gregoreanische Gesänge erfolgen – eher durch Münsteraner „Sägegeräusche“.

    Meine Erkenntnis des Tages : Zauber des Tages – Bruder Jens hat sich noch nicht verlaufen und wird seine Wanderschuhe putzen.

    Na dann – walk on und einen schicken wärmeren Tag morgen.

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