Der einzige Schritt, der zählt, ist Dein nächster.

28.Mai: Einfach mal an nichts denken


Etappe, Wetter, Land und Leute

Tolle 25 Grad. Sonne satt und kein Schatten weit und breit führte der Weg über 25 KM oder 8,5 Stunden von Castrojeriz nach Formista. Heute war die Landschaft ein wenig abwechslungsreicher, wenn auch nur minimal. Liebe die Meseta, auch wenn ich hier nicht wohnen wollte.

Stimmung

Gestern beim gemeinsamen Abendessen hat der Tag einen geselligen Abschluss gefunden. Englische Runde, die eine Hälfte kam aus Australien oder Neuseeland, die andere Hälfte aus Britannien. Die Koreaner haben wohl alle in Burgos Stop gemacht, haben ja auch nicht soviel Urlaub. Ist mir ganz Recht. Gut geschlafen, hatte ein eigenes Bett in einem 5 Mann Zimmer (muss man das eigentlich gendern?). Um 7.00 Uhr ging es dann los. Freue mich auf die 25 KM durch die stille Meseta. Und während ich mich noch so freue, stehe ich der portugiesischen Wandergruppe von vorgestern gegenüber, die aus einer Nebenstraße kommt. Die Freude ist nun ein wenig gedämpft. Ich gebe ihnen 10 Minuten Vorsprung. Nach 2 KM kam ein steiler Aufstieg über 100 Höhenmeter auf 1.5 KM oder 12% Steigung. War ich jedenfalls wach, hätte ich bloß gefrühstückt, denke ich noch. Das gab es heute aber erst nach 12 KM. Oben angekommen feiert die Wandergruppe lautstark die Bewältigung des Aufstiegs. Nach 15 Minuten kann ich dann endlich die Ruhe genießen und die einmalige Aussicht, kilometerweit ins Tal. Ich warte lieber noch 5 Minuten und mache mich dann auf dem Weg. Auf einmal ist die Wandergruppe wieder da. Stöcke vergessen, wieder mal. So langsam gehen sie mir auf den Sack. Dann rauche ich halt noch eine und beschließe im nächste Ort eine längere Frühstückspause zu machen. Sollte ich da portugiesische, herrenlose Wanderstöcke entdecken, drück ich sie dem nächstbesten Pilger als Geschenk in die Hand. Die darauffolgende Strecke lädt ein zum „einfach gerade ausgehen“, einen Schritt vor den anderen zu setzen und an nichts zu denken. Gelingt mir immer öfter die Denkmaschine auszuschalten. „Wie viel KM noch, wann kommt der nächste Stopp, habe ich noch genug Wasser und einiges andere“. Ist doch ganz egal, genießen ist angesagt, mehr nicht. Ein schönes Gefühl. Ich gehe ein Stück mit Claus aus Dänemark. Er ist 58 Jahre alt und lief seinen ersten Camino mit 50. Hatte zwei Restaurants und ein stressigen Job. Danach hat er alles verkauft und läuft mittlerweile seinen 11 Camino. Er filmt seine Wanderungen, lädt sie auf YouTube hoch und sucht sich dafür Sponsoren. Er sieht zufrieden aus. Die Sonne brennt, die Luft flimmert und Profi-Claus ist mir einfach zu schnell. Ich mache 30 Minuten Pause unter einer Baumgruppe, die einzige weit und breit. Sehr idyllisch. 20 Minuten habe ich dieses wundervolle Plätzchen für mich allein (Foto), danach hat auch eine Gruppe von Amerikanern den „Geheimtipp“ entdeckt und ich gehe. Heute erreiche ich mein Ziel, eine Herberge in Fromista um ca. 16.00 Uhr. Der letzte Kilometer zieht sich immer wie Kaugummi. Ich habe mir angewöhnt, den einfach nicht mehr mitzuzählen, da man ja eigentlich schon da ist. Seitdem ziehen sich die letzten 2 KM wie Kaugummi. Muss noch an meiner Technik zur Selbstüberlistung pfeilen. Fromista hat keinen Charme und ich bin froh, wenn ich mich morgen wieder auf den Weg machen kann. Morgen habe ich ein Hotelzimmer🤗.

Erlebnis des Tages

20 Min Ruhe unter der idyllischen Baumgruppe und den Ausblick genießen, sonst nichts

Erkenntnis des Tages

Einfach mal an nichts denken und das mentale Geplapper ausschalten kann sehr entspannend sein.

Fotos des Tages

Eine Antwort

  1. Avatar von Jürgen Reich
    Jürgen Reich

    Ich begleite Dich heute mal mental und denke auch einfach an nix.
    Und mache es wie der Spruch auf unserer Kaffeemaschine.
    Wenn die Tasse fertig ist, steht da: Genießen Sie es !

    Dann wünsch ich Dir morgen mal einen Gruppen-freien Weg.

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