Etappe, Wetter, Land und Leute
Gestern war es eine sehr herzliche Runde. Alle sassen vorm Kaminfeuer. Ich weiss, es ist Ende Mai, aber es ist kalt hier. Einer hat Baguqette getoastet und es mit Olivenöl rumgereicht. Der andere hat eine Chorizo angeschnitten und es ihm gleich getan, dabei wurde von irgendwoher eine Weinflasche rumgereicht und gemeinsam den Abend in einer Runde von unterschiedlichen Leuten mit einem gemeinsamen Verständnis gelebt. Offen, ungezwungen und ehrlich. Eine sehr erfüllende Erfahrung. Um 19.30 Uhr gingen wir dann ins Restaurant. Diese ist ein kleines Dörfchen mit ein paar Häusern, aber die Küche ist hohes Niveau. Und das alles für EUR 22 inkl. Wein. Ich hatte als Vorspeise gegrillten Ziegenkäse auf einer Apfelscheibe in einem Salatbett. Boh, wat lecker. Ich habe den Abend mit Dwain, einem Kanadier aus Vancouver verbracht, da wir unsere Tische nicht zusammenstellen durften, warum auch immer. Er hatte eine schwere Krebskrankheit hinter sich. Und bevor er weiter vor dem Fernseher sitzt, geht er lieber den Camino, sagte er mir. Es war sehr unterhaltsam und tiefgründig mit ihm. Er bestellte eine Art von Tacos. Ich fragte ihn, was die typischen, kanadische Küche sei. „ Burger, Pasta und ein paar Fischgerichte“. Na denn…. Um 22.00 Uhr ging es wie immer ins Bett. Übrigens ist Atapuerca weltbekannt, wurden hier doch die ältesten, humanoiden Fossilen außerhalb Afrikas gefunden. Der älteste bekannte Europäer ist somit 1,4 Millionen Jahre alt.
Stimmung
Endlich. Endlich blauer Himmel und Sonnenschein. Heute Morgen um 8.00 Uhr nach einem kleinen Frühstück in der tollen Albergue losgewandert. Der Weg führte 21 KM oder 6 Stunden nach Burgos. Die zunächst schöne Landschaft wurde durch die triste und öde Vorstadt von Burgos abgelöst. Typisches Industriegebiet eben. Musste noch einen vielbefahrene, 4spurige Stadtautobahn überqueren, bevor ich auf der richtigen Seite war. Ich sollte aber nicht enttäuscht werden. Ich bin froh und glücklich, dass ich nun erstmal Verschnaufpause habe. Burgos ist toll und bin sogar einen Tag früher angekommen als geplant. Konnte zum Glück mein vorgebuchtes Appartment (mitten drin) einen Tag vorziehen. So bleibe ich jetzt bis Sonntag hier. Und die Sonne bleibt bei mir in den nächsten Tagen. Schöne Aussichten. Mein Schienbein und ich haben das auch dringend nötig. Ist zwar besser geworden, aber immer noch nicht schmerzfrei und nach 20 Km merke ich es. Es ist weiterhin angeschwollen und warm, d. h. die Entzündung ist noch da. Egal, habe jetzt ja Ruhepause. Die Innenstadt von Burgos ist wunderschön. Viele, kleine Gässchen, die zum Erkunden einladen und immer wieder tolle Plätze mit unzähligen Cafés und Bars. Hier kann ich es 3 Tage aushalten. Ich habe mir dafür diesmal ein kleines Appartment gemietet, direkt davor kniet ein Spanier in betender Haltung und bittet um eine kleine Soende, hab ihm was gegeben und er strahlte. Mein erster Weg nach einem zweistündigen „Mittagsschlaf“ führte mich zu der bekannten Kathedrale von Burgos. Die hatte leider schon geschlossen, dann halt morgen. Dort traf ich die anderen von gestern wieder und wir hatten abermals eine tolle Zeit. Es gesellten sich immer mehr Pilger zu uns. Claire aus Brighton, Tana aus Australien, John aus San Diego, David aus Jamaica, Stephan aus Frankreich, Jens als einziger Deutscher, usw. Anschließend sind wir noch mit 15 Leuten gemeinsam essen gegangen. Es war wieder herrlich offen und international. Ich unterhielt mich länger mit Tana aus Australien. Europa ist ihm etwas zu kalt, aber er liebt dieses pulsierende Leben. „For you Thursday is like for us Saturday.“ Er dachte erst die Menschen in Europa wären kühl und abweisend. Er erklärte mir, wenn du erstmal die „border“ überschritten hast, sind die Europäer warmherzig und hilfsbereit. Nicht so oberflächlich wie bei ihm zu Hause. Das war das erste Mal, dass ich mich wirklich als Europäer gesehen habe und stolz drauf war.
Erlebnis des Tages
Und jetzt wird es spooky. Möchte nochmal betonen, dass ich an sowas nicht glaube. ABER: Ich habe Stephan von meinem Schienbeinproblem erzählt. Er meinte:“ Can i see?“. Ja, warum nicht, schadet ja nicht. Er legte beide Hände um mein Schienbein ohne sie zu berühren und verharrte für 2 Min so. Danach war es schlagartig und spürbar besser. Ohne Scheiss. Es war nicht weg, aber wesentlich besser. Ist mir unerklärlich. „How did you do that“, fragte ich ihn. „I don“t know. I can do that“. Ich hoffe, es hält an. Ist mir unerklärlich…
Erkenntnis des Tages
1.) Reisen ist der Mord jeden Vorurteils. We are all equal.
2.) Es gibt vielleicht doch mehr zwischen Himmel und Erde als sich unsere Schulweisheit erträumen lässt
Fotos des Tages










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