Etappe, Wetter, Land und Leute
Kalt. Es ist kalt. Bei 5 Grad heute morgen aufgebrochen. Die nicht sonderlich schöne Strecke führte an der Autobahn über 11 Km von nach Belorade. Einer süßen, kleinen spanische Stadt. Tagsüber war es bewölkt mit einigen Schauern. Ich bin zum Glück trocken geblieben. Heute habe ich Rioja verlassen und bin somit nach Kastilien angekommen. In der Tat werden die Weinberge wieder durch Weizenfelder abgelöst.
Stimmung
Gestern ein leckeres Abendessen mit Ross aus Seattle, der seinen stressigen Managerjob aufgegeben hat und den Camino nutzt, um sich neu auszurichten. Eine Amerikanerin aus Tennessee, Niklass aus Vancover, der keinen Job hat und zeitlich unbegrenzt wandert, Max aus Italien, der aber nur wenig Englisch spricht, Sophia aus England und eine Koreanerin, die beim Essen nur auf ihr Handy schaut. Nette Runde, war nach dem Essen müde und bin um 21.15 ins Bett. Geschlafen bis heute um 7.00 Uhr ohne Geraschel. Super. Schienbein schmerzte dennoch, es sollte im Verlauf des Tages besser werden. Ich habe mir heute eine kurze Strecke rausgesucht. Wollte nach 3 Km die erste Pause im nächste Dorf machen und frühstücken. Dort ist laut Reiseführer eine Bar. Gibt es dort auch, ist aber noch geschlossen. Dann halt im nächsten. Frühstück wie irgendwie immer später. Dort gab es dann aber ein Bocadillo und zwei Café con leche. Kurz nach Aufbruch rief mir eine Pilgerin ein freundliches „Buen Camino“ entgegen. Sie kommt aus Colorado und heißt Aja. Wir sind uns sympathisch und wandern die restlichen 6 KM gemeinsam. Ihre Motivation für den Camino ist:“Fun, that“s all.“ Ein guter Grund, wie ich finde. Unsere Wege trennen sich bei meinem heutigen Etappenziel. Vielleicht sehen wir uns wieder. Die Amerikaner sind so herrlich überschwänglich:“You are from Germany. That“s amazing, phantastic “. Um eine ähnliche Reaktion bei einem Deutschen hervorzurufen, musst du ihm schon erzählen, dass du die Lösung für den Weltfrieden gefunden hast. Ich hätte heute noch Lust gehabt weiter zu wandern, gewöhne mich langsam dran und der Drecksack gehört jetzt auch irgendwie dazu. Ich will kein Risiko eingehen, und bleibe, ganz vernünftig, hier. Noch mehr Spaß als wandern, macht eben schmerzfreies Wandern. Und so besorge ich mir von der hiesigen Apotheke entzündungshemmende Tabletten, eine Salbe und ein Kühlpack, dass ich mir sogar umschnallen kann. Das Kühlpack liegt bereits im Eisfach in der heutigen Herberge. Die haben sogar einen Wäscheservice, alles gewaschen und trocken in zwei Stunden. Egal wie viel Wäsche, kostet alles EUR 8. Also behalte ich nur das an, was ich unbedingt brauche und der Rest geht in die Wäsche. Während ich frierend im T-Shirt auf meine Wäsche warte, bestelle ich mir Eiswürfel in einer Plastiktüte und einen vino tinto in einer Bar. Dabei lerne ich zwei Argentinier kennen, Allesandro und Olivia, die sich auch erst vor zwei Tagen auf Camino kennengelernt haben. Er bestellt sich Tapas und bietet mir an zu probieren. Kann ich natürlich nicht ablehnen, außerdem habe ich Hunger. Schmeckt eindeutig streng nach Schwein. Allesandro, der im Gegensatz zu seiner Begleiterin nicht so gut Englisch spricht, fasst sich an“s Ohr und grunzt. Aha, Schweineohren also. Ich denke, es bleibt bei diesem einmaligen kulinarischen Genuss. Vorhin sah ich noch einen Laden mit einem Schild:“ Massage for Peregrinos“. Bin da anschließend hin. „I promise you, after my massage you feel like a butterfly. Diese Aussicht kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen und buche für später einmal „Butterfly feeling“. Es heißt ja, dass das erste Drittel des Weges überwiegend körperlicher, physischer Natur ist, der zweite Teil emotional und der dritte Teil eher spirituell geprägt ist. In der Tat merke ich, dass der Camino für mich eigentlich jetzt erst so richtig anfängt. Was das bedeutet, kann ich noch nicht konkret benennen, bin mir aber sicher, dass ich das bald kann. Heute übernachte ich in einem 20 Bett Schlafsaal und ein koreanisches Pärchen hat zwei Matratzen direkt vor meinem Bett auf dem Boden gelegt. The night adventure can begin…
Erlebnis des Tages
Die letzten Kilometer diesmal schmerzfrei anzukommen und die Erkenntnis, dass ich es bis Santiago schaffen werde (vorher auch immer die kommt) sowie die Vorfreude auf den zweiten Teil der Reise.
Nachtrag: Die Massage von Kopf bis Fuß von Marcello (Foto) war einer der heutigen Highlights. Er verabschiedete mich mit:“Bye, Bye butterfly“😂
Erkenntnis des Tages
Durchhalten, einfach nur durchhalten
Fotos des Tages






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