Regen,17 Grad und noch ein Gewitter zum Schluss. Heute ging es über 23 KM von Navarette nach Santa Domingo de la Calzada. Wow, das ist kein Name, das ist ein Statement. In der hiesigen Kirche leben ein Hahn und eine Henne. Die Legende will, dass es Glück für den restlichen Weg bringt, wenn der Hahn kräht, wenn man die Kirche betritt. Ich musste 3x wieder rein und raus bis das Vieh mal ein Ton von sich gab. Ursprung ist eine Geschichte aus dem Mittelalter. Eine deutsche Pilgerfamilie übernachtete in einer Herberge. Am nächsten Tag wurde der Sohn der Pilgerfamilie vom Herbergsvater beschuldigt eine Goldkette gestohlen zu haben. Und da der Beschuldigte seine Unschuld nicht beweisen konnte, wurde er kurzerhand zum Tode verurteilt. Damals war das Rechtssystem halt noch nicht so kompliziert wie heute. Die Eltern des Jungen wurden beim Bischoff vorstellig, um für den Jungen um Gnade zu bitten. Der Bischoff saß gerade vor seinem Abendmahl, einem gebratene Hühnchen. Er sprach:“ Euer Sohn ist so schuldig, wie dieses Huhn tot ist.“ In diesem Augenblick flog das Hühnchen davon und die Legende war geboren. Die wussten damals schon, wie Marketing funktioniert.

Schlecht geschlafen. Diese Herbergen sind irgendwie nichts für mich, werde mir heute ein Zimmer buchen. Heute morgen um 6.00 Uhr fing der Koreaner an, geräuschvoll seinen Rucksack zu packen. Der hat seine Klamotten nach dem höchsten Raschelfaktor gekauft und so viele Reisverschlüsse, wie der auf und zu zieht, gibt es am Rucksack nicht. Noch 5 Minuten länger und ich stopfe ihn selbst rein, denke ich. Jetzt bin ich schon mal wach und stehe auf. Wie immer ohne Frühstück um 07.15 Uhr los. Die ersten 500m, dann kommt der ersten Anstieg. Hmh, irgendwas fehlt. Mist meinen Stöcker. Also wieder zurück. Tür ist verschlossen. Komme nach heftigen Klopfen nach 5 Minuten rein. Erste Ehrenrunde für heute. Das passiert mir nicht nochmal. Hab ich das nicht schon mal gesagt😂. Wieder am Marktplatz vorbei, dort wärmen sich im Kollektiv 20 Koreaner auf und feuern sich für den bevorstehenden Tag an, um dann ihre Rucksäcke im bereitgestellten Bus zu verfrachten. Die ersten Kilometer laufen ich mit Mareo, einem Brasilianer, der den Weg aus spirituellen Gründen läuft. Erster Stopp nach 8Km. Dort lerne ich Ross aus Florida und Brad aus Tennessee kennen. Er bucht auch nicht vor und ist mir auf Anhieb sympathisch. Vielleicht sehen wir uns wieder. Zwei Café von leche und einem Bocadillo später geht es weiter. Es fängt an zu regnen, meine Schienbeine schmerzen bei jedem Schritt. Ich kann die tolle Landschaft mit endlosen Weizenfeldern und einem kilometerweiten Blick nicht so recht genießen. Kann das heutige Ziel mit meinem eigenen Bett und warmer Dusche nicht erwarten. Die Schmerzen nehmen von Schritt zu Schritt zu und die letzten Kilometer ziehen sich wie Kaugummi. Endlich bin ich da. Erst duschen?Keine Kraft mehr, ich lege mich sofort ins Bett und schlafe sofort ein. Irgendwo zwischen hier und Navarette muss mir meine Anfangseuphorie aus dem Rucksack gefallen sein, hätte sie gern wieder. Ich glaube, ich gebe ne“ Suchanzeige auf:“Anfangseuphorie von Jens gesucht. Besondere Merkmale: motiviert, dynamisch und tatenhungrig. Wer etwas gesehen hat, auf das die Beschreibung passt oder sachdienliche Hinweise machen kann, bitte sofort mit Jens Reich in Verbindung setzen, der vermisst sie ganz stark.“ Aber auch solche Tage gehören dazu und während ich das schreibe, kommt auch wieder langsam die Sonne raus. Und gleich esse ich mit Stefano, dem Italiener von gestern, ein Haufen Tapas. Stefano ist italienischer Diplomat und lebt gerade in Abu Dhabi. Macht Spaß mit ihm. Er hat vorgeschlagen morgen 7Km ins nächste Dorf zu ziehen. „Step by step.“ That sounds good to me😉

Ich stand in Unterhosen über dem Waschbecken und habe meine Wäsche gemacht. Auf einmal stand vor mir eine Engländerin. „Oh, i think is a mistake“, she said. „Yes, think so“, sagte ich. Wir verglichen die Reservierung. Die haben uns exakt die gleichen Zimmer vermittelt. Aber ich war zuerst da.

Nach Regen kommt auch wieder Sonnenschein.