Etappe, Wetter, Land und Leute
Wow. Heute stand die Königsetappe an, allerdings ohne königlichen Beistand. Es ging heute über 20 Km von meinem wunderschönen Naturressort nach O Cebreiro. Einem, süßen kleinen Bergdorf auf 1.200m, d.h. heute waren 700 Höhenmeter zu überbrücken und es ging echt steil bergauf. Leider hat sich die teilweise 16% Steigung auf die letzten 8 Kilometer erstreckt. Tolle Aussicht, super anstrengende Strecke, die ihren Namen als Königsetappe verdient. Ich habe für die nur 20 Km über 7 Stunden gebraucht. Wetter war zum Glück bewölkt und somit angenehm.
Stimmung
Ich habe in den letzten Wochen noch nicht so tief und fest geschlafen wie heute. Bin nur einmal kurz vor Kälte aufgewacht trotz zwei Pullover, Schlafsack, Decke und Socken. Kurz überlegt, ob ich mich da rauspelle und den kleinen Heizkörper anschmeisse. Während ich noch drüber nachdachte, schlief ich wieder ein und bis 08.30 Uhr durch. Bei dem Konzert der Vögel untermalt mit den Rauschen des Baches hätte ich noch Stunden liegen bleiben können. So beruhigend, hab die Müdigkeit gar nicht vertreiben können und wäre sicherlich noch einen Tag länger geblieben, wenn ich für heute nicht schon vorgebucht hätte. Wollte ich ja nicht, wollte aber auch nicht bei 1.200m ohne Schlafplatz sein. Bin dann erst um 09.30 Uhr los. Tolle, grüne Berglandschaft entlang des Flusses, immer stetig bergauf. Ich treffe das ältere Ehepaar von gestern wieder, die mit einem Bulli dort übernachtet haben. Sie ist den Camino schon einmal vor 15 Jahren gelaufen, musste aber abbrechen. Nun will sie ihn komplett laufen. Er schafft es körperlich nicht mehr und fährt somit immer voraus und wartet auf seine Frau. So sweet. Die ersten 10 KM kein Problem. Kurz vor den steilen Anstieg noch eine Pause und dann los. Puh, 6 KM ging es gut bergauf bevor das erste Dorf und somit eine Bar in Sichtweite kamen. Schnell noch 3 Deutsche, aus dem Saarland kennengelernt. Peter, Conny und Martina. Er war vielbeschäftigter Ingenieur mit Burn Out und möchte in den sozialen Bereich wechseln, da er seinen Job an den Nagel gehängt hat und sehr zufrieden damit ist. Mutige, aber richtige Entscheidung. Dann weiter, freue mich, das es erstmal steil abwärts geht. Nach 1 KM kommt eine Abzweigung. Kann jedoch keine der üblichen, gelben Wegweiser erblicken. Also ein Blick auf die App. Oh Nö, verlaufen, nur 1 Km, aber x Höhenmetern. Hilft ja nichts, wieder zurück. Oben wieder angelangt, kommt mir Pedro, ein Spanier entgegen, der den gleichen, falschen Weg wie ich nehmen will. Ich rette ihn vor meinem Schicksal und er ist mir unendlich dankbar. Noch 4 KM bis zum Ziel und die Schritte werden zusehends langsamer, irgendwann muss ich stoppen. Hab auch nicht mehr wirklich Lust. Brauche Energie, da kommt eine junge Slowaken und heißt Eve. Sie sieht mich und bietet mir eine Kitkat an. Als ob sie es erahnt hätte. „You need sugar“, sagt sie. Und wie ich das neede. Danach geht es schon besser. Danke Eve. Komme gegen 17.00 Uhr völlig erschöpft am Ziel an und muss auch noch Wäsche machen. Wäre ich bloß im Zelt geblieben, denke ich. Egal, hab es geschafft und bin nebenbei auch in Galizien angelangt, der letzten Region auf dem Jakobsweg. Die galizische Küche soll sehr gut sein und bekannt für schmackhafte Gerichte aus Meeresfrüchten, Empanadas und die besten Tapas Spaniens. Werde ich gleich mal ausprobieren.
Erlebnis des Tages
Die selbstverständlich Hilfe von Eve, die einfach stehen bleibt und Hilfe anbietet.
Erkenntnis des Tages
Wer fragt, gibt nicht gern. Einfach machen und helfen.
Fotos des Tages


















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