Etappe, Wetter, Land und Leute
Das Wetter ist wieder bei 25 Grad, blauer, endloser Himmel und strahlender Sonnenschein. Die Sonne beim Wandern kann einen schon zusetzen. Hab einen kleinen Sonnenbrand auf dem Arm. Muss mich besser eincremen. Heute geht es nur 23 Km nach Los Acros in 6 Stunden. Highlight ist der kostenfreie Weinbrunnen. Ein Hahn für Weißwein, ein Hahn für Rotwein. Genial. Sowas brauchen wir auch in Münster. Würde dem dann noch ein Bierhahn spendieren. Trinken so viel man will. Wollte deren Versprechen erst auf die Probe stellen, hab“ mich aber gezügelt, da der Brunnen am Anfang der Strecke lag. Das muss ich das nächste Mal taktisch besser planen. Nach 7,5 Stunden bin ich heute erst um 17.30 Uhr angekommen
Stimmung
Dankbar. Dankbar für mein eigenes Bett, frische Bettwäsche und frisch aus der Waschmaschine duftende Klamotten. Ist schon noch ein Unterschied zur Handwäsche mit kaltem Wasser. Dankbar auch, für den herzlichen und schönen Abend. Die Spaghetti Bolognose hat allen super geschmeckt und ist nach der anstrengenden Wanderung genau das richtige. Mein Körper giert nach Kohlenhydraten. Den anderen ging es offensichtlich ähnlich. Und Nancy hab ich auch ein vegetarisches Sösschen gekocht. Wir sitzen bei einem oder zwei Rotweinen gemütlich am Tisch und haben das alte Spiel gespielt:“Jeder erzählt die lustigste Geschichten aus seinem Leben“. Ich sagte ja, der Teufel erkennt seine Brüder. Das bleibt jetzt besser am Tisch und nicht hierher. Zum Abschluss habe ich auch noch ein kleinen Geburtstag Kuchen mit Kerze bekommen. Echt süß. Bin sofort eingeschlafen. Das war das erste Mal seit ich 10 Jahre alt war, dass ich vor 00.00 Uhr zu meinem Geburtstag im Bett war. Bin heute Morgen erst um 8.15 Uhr aufgestanden. Die anderen wollten schon früh los, um der Mittagshitze aus dem Weg zu gehen. Ich wollte einfach noch ein wenig Zeit für mich nehmen und ausschlafen. Sie haben alles ordentlich aufgeräumt, dabei leider auch die Reste von gestern entsorgt. Hatte mich so noch auf ein Teller Bolo gefreut. Na ja, waren noch trockene Chips da. Ich bin dann erst um 10.00 aufgebrochen. Leider habe ich mir zwei rechte Socken rausgelegt und der Drecksack war schon gepackt. Wenn ich heute die erste Blase bekomme, liegt es wenigstens nicht an den Schuhen. Kaum aus der Haustür raus, sehe ich zwei hilflos umherblickende Pilgerinnen, die offensichtlich in die falsche Richtung laufen. Ich habe ihnen angeboten sie auf Camino zu navigieren. Beide kommen aus Utah, USA und wollen ebenfalls nach Santiago. Als wir ein Stück liefen, gesellte sich auch Markus dazu, a Kölsche Jung, der auch schon den PCT gelaufen (Pacific Trail), der von Mexiko bis Kanada führt. Angeber. Irgendwann gabelte sich der Weg. Links ein Kilometer mehr, dafür Bars auf dem Weg und somit eine verlockende Aussicht auf ein Bocadillo. Rechts einen Kilometer weniger und mit viel Schatten. Okay, dann halt kein Frühstück heute. Markus ging den anderen Weg. War mir auch ganz Recht. Die Kölner sind nicht grad für eine stille Wanderatmosphäre bekannt.
Ich hab“ nochmal versucht, mich mit dem Drecksack anzufreunden. Und da ich mittlerweile nur Englisch spreche, tat ich das auch mit ihm. „Hey Drecksack, what are you doing“, i Said. „What schould i do, you carry me.That“s all“. „Yes, i know this every second. You are too fat.“ „You too, my friend, you too.“, the Drecksack said. We don“t talk to eachother anymore…
Erlebnis des Tages
Heute waren es viele Erlebnisse: Als ich mich heute nach dem Aufstehen nochmal ins kuschelige Bett legte und mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht noch weitere 30 Minuten gedöst habe. Als ich nochmal die gestrigen Glückwünsche las und für jede einzelne dankbar bin. Oder heute für die Entscheidung, die Alternativroute zu nehmen in einer traumhaften Kulisse, die ich ganz für mich allein hatte. Stundenlang kein einzigen Menschen gesehen bis auf die zwei aus Utah, die den Weg offensichtlich gefunden haben und auch die Alternativroute genommen haben. Ist schon wieder komisch. Der Abend klingt auf dem hiesigen Marktplatz mit einer Pizza und zwei neuen Bekanntschaften aus. Julia aus Michigan, die ihren vierten Camino läuft und der sie nicht mehr loslässt, fasziniert ist von dem Spirit und die ungezwungene Art mit Leuten aus der ganzen Welt in Kontakt zu kommen. Und Kjung aus Korea, der heute mal eben 45 Km gelaufen ist und der einzige Koreaner ist, der nicht in einer Gruppe läuft. Morgen stehen 30 Km an. Geht früh raus.
Erkenntnis des Tages
Wer mit seinem Rucksack spricht, sollte keine geistreichen Antworten erwarten.
Fotos des Tages










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