Etappe, Wetter, Land und Leute
Eigentlich sollten es heute 26 KM werden und von Ponteferrata nach Villafranca del Bierzo führen. Allerdings beschloss ich mir heute keinen Wecker zu stellen (hatte ein kleines Zimmer für mich) und so bin ich erst um 9.30 Uhr los. Kaum 5 Minuten gelaufen, traf ich die Amerikaner von gestern und wir hatten noch ein Café con lesche zusammen. Start also erst um 10.00 Uhr. Es ging somit heute nur nach Cacabelos, einem kleinen, aber typisch spanischem Dörfchen, das nur 17 KM entfernt war und ich in 3,5 Stunden bereits erreichte. Mit Blick auf die morgige Etappe hätte ich meinen ursprünglichen Plan beibehalten sollen. Nach Villafranca, das noch 9KM entfernt liegt, geht es 10 KM bergauf. Es ist die Königsetappe und hat schon viele Pilger kurz vor Schluss zur Aufgabe gezwungen. Mal sehen, vielleicht kann ich sie ja aufteilen. Das Wetter ist heute wieder herrlich. Sonne, 25 Grad, leichter Wind, super angenehm.
Stimmung
Ich fand gestern noch ein Opfer, Beth aus Kalifornien. Eine sehr offene und lebenslustige Frau. Wir hatten einen tollen Abend. Ich berichte ihr vom unglückseligen Wahlerfolg der Rechtspopulisten bei der Europawahl und sie sagte mir zu für Biden zu spenden. Politisch vertraten wir gleiche Auffassungen. Unabhängig davon war es ein toller Abend und die Tapas waren klasse, Gambas in Olivenöl mit Knoblauch, ein Traum. Heute Morgen aufwachen ohne Wecker, dachte ich. Das Zimmer liegt gegenüber einer Kirche, die diese Funktion übernahm. Beim Blick aus dem Fenster saß eine nicht mehr ganz so vitale Katze auf dem Fenstersims gegenüber. Frag mich, ob die vergessen wurde oder jemand Spaß am Morbiden hat. Ich grübelte noch ein wenig, ob ich noch einen Tag dranhängen und auf Tana, dem Australier warte. Das wäre für morgen wahrscheinlich eher kontraproduktiv gewesen. Ich treff“ ihn bestimmt noch. Hab mit mir daher einen Kompromiss geschlossen und mir für heute eine kurze Strecke vorgenommen. Und die war klasse. Tolles Wetter, alle paar Kilometer eine kleine Bar und dazwischen wunderschöne Natur. Beine, Füße und Motivation hätten heute noch für 10 KM gereicht, hatte aber schon vorgebucht. Muss ich halt ein Bier trinken und ein Siesta halten, so ein Ärger. Danach noch eine große Blase am rechten, großen Zeh versorgen, die ich mir gestern beim steilen Abstieg geholt habe. Aufstechen oder nicht. Die Frage wird hier vielfach diskutiert. Ich entscheide mich dagegen. Barbara, eine junge Deutsche, die ich in Leon kennengelernt habe, musste 120 KM vor dem Ziel aufgeben. Blasen aufgestochen und haben sich infiziert. Nichts geht mehr bei ihr, die fliegt heim. Das Risiko gehe ich nicht ein. Dann schmerzt es halt ein wenig. Stimmung ist weiter toll. Es war ein grandioser Tag. Nicht nur wegen des Wetters, der Strecke und der Landschaft, sondern auch die Erkenntnisse, die ich heute über mich vertiefen konnte. Es ist eine einzigartige Reise bis hierhin und der Horizont wird jeden Tag ein Stückchen mehr erweitert. Das bleibt jedoch ganz bei mir. Freue mich auf morgen.
Erlebnis des Tages
Das bleibt heute bei mir.
Erkenntnis des Tages
Erweitere jeden Tag ein wenig dein Horizont.
Fotos des Tages










Schreibe einen Kommentar zu Jürgen Reich Antworten abbrechen