Etappe, Wetter, Land und Leute
Heute bin ich 0 KM gelaufen. Die Etappe war wunderschön. Tolles Wetter. Die Sonne scheint und es weht ein angenehmer Wind am Strand.
Stimmung
Heute habe icv lange geschlafen und lebe in den Tag hinein. Ich finde, das hab ich mir auch ein wenig verdient. Abends treffe ich mich mit Tana zum Essen. Wir landen in einem einmalige Schuppen, „World“s Family“. Name ist Programm. Hier ist die Kernschmelze von Hippiland. Ist wohl der Anlaufpunkt aller Aussteiger und bietet alles, was dazu nötig ist. Den Laden kann man nicht beschreiben, muss man erleben und er funktioniert auch nur hier an diesem Ort. Überall anders würde er aufgesetzt und gekünstelt erscheinen, hier passt es. Tagsüber gibt es Essen. Der Koch steht vor dem Herd in einer offenen Küche. Rasterlocken, große Holzkette, rosa Shirt mit diversen Löchern, ausgeblichene Jeans und Lederlatschen und man hat das Gefühl, dass es ein Erbeben der Stärke 9,8 braucht, um ihn auch nur ansatzweise aus der Ruhe zu bringen, obwohl der Laden voll ist. Das Essen ist erstaunlicherweise wirklich richtig gut. Wenn man mal ein Auge bei der Sauberkeit zudrückt, ist das hier ein echt gutes Restaurant. Später am Abend wird aus dem Restaurant dann eine Bar. Althippies haben einen Gig und verdienen sich ihren Lebensunterhalt. Natürlich lerne ich sie kennen. Dominik aus England. Er ist den Camino gelaufen und hier geblieben. „You get to know people so easily on the Camino with the exception of the underground of London“. Na denn! Der zweite ist John, er ist in Würzburg geboren und mit seinen Eltern nach Kalifornien ausgewandert als er 5 Jahre alt war. Spricht aber kein deutsch mehr. Um 22.00 Uhr wird es leerer im Laden. Der Besitzer des Ladens fragt Tana und mich, ob wir noch mit zum Strand kämen. Dort würde sich jetzt noch alle treffen. Tana und ich schauen uns an und denken das gleiche. „Warum nicht?“. Also gehen wir mit den Hippies zum Mar de Fora. Dort brennt bereits ein Feuer am Strand und meine beiden Althippies spielen ihren zweiten Gig. Die Atmosphäre am Strand ist schon einmalig. Lagerfeuer, Strand, Meeresbrandung und Gitarre. Das Szenario erfüllt jedes Klischee, find ich aber irgendwie gut. Später muss ich mich leider von Tana verabschieden. Er möchte unbedingt zurück nach Santiago, um dort Xenia wieder zu treffen, die Spanierin, mit der er auf dem Stadtfest verschwunden ist. Scheint wohl eine beeindruckende Nacht gewesen zu sein. „I want to go back to the love of my life“. Wünsche dir viel Glück dabei Tana. Ohne ihn hätte ich die letzten 100 KM nicht mehr geschafft und der Abschied schmerzt. Ich mag ihn. Er ist ein tiefgründiger und nachdenklicher Typ. Sagt von sich selbst, dass er wenig Selbstwertgefühl hätte. Dafür hat er absolut keinen Grund, was ich ihm auch gesagt habe. Er hat kein Zeitlimit. Möchte danach vielleicht zu seinen Verwandten nach Schottland. Er hat auch eine. britischen Pass, kann damit aber nicht mehr so einfach in Europa arbeiten. Scheiss Brexit. Nach Australien will er nicht mehr zurück, Europa ist ihm ans Herz gewachsen. „Jens, what should I do with my life?“, fragte er mich. „Tana, you are 22 years old, have a job and the opportunity to get to know the world. Just enjoy it and some door will open.“. Ich werde ihn vermissen.
Erlebnis des Tages
Strand, Lagerfeuer, Meeresrauschen und Gitarre
Erkenntnis des Tages
Wenn ich nicht mehr schreiben, sitze ich irgendwo am Strand mit einem Tamburin in der Hand. Aber im Ernst, die Atmosphäre hier am Ende der Welt lädt dazu ein, nichts zu machen. Erkenntnis: Man kann nichts machen ohne auch nur ansatzweise ein schlechtes Gewissen zu haben.
Fotos des Tages








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